Dein Österreichisches Wörterbuch

Trottelose , die

Dummheit, Einfalt, Einfallslosigkeit


Art des Eintrag: Substantiv

Kategorie: Humorige Bezeichnungen

Erstellt am: 19.01.2018

Bekanntheit: 0%

Beurteilung: 2 | 2

Kommentar am 19.01.2018
Als Böhmen noch bei Östreich war - 1867:

Im Laufe des verflossenen Herbstes hat ein Wiener medizinisches Blatt das Vorhandensein einer Krankheit, der „Trottelosis“ konstatirt, und dabei unverblümt durchblicken lassen, dass damit die Dummheit gemeint sei.
Znaimer Wochenblatt v. 3. 2.1867:https://tinyurl.com/y9vudo4o
3 Wochen später brachte ein anderes böhmisches Wochenblatt dasselbe Feuilleton über die Dummheit und setzte fort:
Diese Meinung ist jedoch irrthümlich, und es ist nöthig, die Dummheit vor solchen Verunglimpfungen in Schutz zu nehmen. Trotteln (trottelose Menschen) sind einer Dummheit aus dem Grunde gar nicht fähig, weil ihnen die entgegengesetzte Eigenschaft, die Vernunft, fehlt.
Leitmeritzer Wochenblatt (23. 2.1867):https://tinyurl.com/ydc4k72d
In der Grazer Tagespost liest man den bald verdeutschten Krankheitsnamen im Zusammenhang mit dem Auf und Ab einer anderen Zeitung:
Da zugleich alle mit der Trottelose Behafteten sich auf das Blatt abonnirten, so konnte man wohl sagen, der Mann hat ein gutes Geschäft gemacht.
Grazer "Tagespost", Morgenblatt, 9.10.1878:https://tinyurl.com/yblxdn5u
Und über Ursache und Verbreitung las man da:
Jeder Schnaps gilt als Wundermittel für gewisse Krankheiten, und so verduselt sich unter diesem Vorwand Alt und Jung. Schon das Wickelkind erfreut sich der Einflößung dieses heiligen Geistes und somit der landläufigen "Trottelose". Ländlich sittlich, wie der Urkoth
Österr. Agrarverlag, Centralblatt für das gesamte Forstwesen Jg. 4 (1878):https://tinyurl.com/ycpxhj7n
Dass die Krankheit i. A. gewiss nicht sehr ernst war, bezeugt 1894 der kluge Hermann Bahr:
Anna hat mir neulich aus München geschrieben, was mich riesig freute. Wenn ich ihre Adresse hätte, würde ich ihr doch (obwohl ich von dem vielen Schmieren in einer permanenten Trottelose bin) schreiben.
Hermann Bahr, Briefwechsel mit dem Vater (hg. 1971):https://tinyurl.com/ycrxf5vd


Kommentar am 21.01.2018
In der 14. Strauß-Operette „Jabuka, oder Das Apfelfest“, die 1894 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde, sang Alexander Girardi als Gerichtsvollzieher Joschko mit tosendem Applaus sein großartiges Couplet mit dem Refrain „Das Comitat geht in die Höh’“. In einer der von Gustav Davis geschmiedeten Strophen findet sich die Trottelose in einer seltenen Variante sowohl was die Krankheit als auch was für die damalige Zeit die Wortgestalt betrifft:
Heldin lächelt Irr und röchelt, Erbliche Neurose. Ihr Verehrer Stirbt an schwerer Seelen- Trottulose.
Franz Hadamowsky und Heinz Otte, Die Wiener Operette (1947):https://tinyurl.com/y86qavj3


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Trottelose






Österreichisches Deutsch bezeichnet die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und ihres Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich gebräuchlichen bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache kommen aus den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Monarchie entlehnt. Eine große Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein wichtiger Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; manche dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.
Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch verschiedene regionale Dialektformen, hier im Besonderen bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.

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