Dein Österreichisches Wörterbuch

Urhab, Ura. Urb, Urfl, Url , das

Sauerteig; Mutterteig


Art des Eintrag: Substantiv

Kategorie: Essen und Trinken, Veraltet, Historisch

Erstellt am: 22.01.2013

Bekanntheit: 80%

Beurteilung: 2 | 3

Kommentar am 22.01.2013
der/das Urhab - das Urá «Zu einer echten Störi muss das Urá schon am Thomastag angerührt und der Teig am Weihnachtsfasttag, von 12 Uhr Nachts an, gemischt und gebacken werden.» P. Amand Baumgarten, "Aus der volksmäßigen Ueberlieferung der Heimat" , OÖ. Musealverein, Linz 1862, Bd. 1, S. 54 [http://tinyurl.com/bbq724e] «In jenen Gebieten, in denen ... der Backvorgang erst unmittelbar vor dem Hl. Abend stattfindet, soll am Thomastag wenigstens das "Ura" angemacht werden. "Der Thomerl rührt's Ura an" , heißt es im Innviertel um Waldzell »‎ (Ernst Brunngraber: „Österreichisches Festtagsgebäck“ S. 92) Schon im frühen 19. Jh. war man sich des Geschlechts des Urhabs - Maskulinum/Neutrum - nicht mehr sicher: "Urhab, der und das: 1.)der Sauerteig, das Ferment, oder der Gährstoff, wodurch das Gährende über sich getrieben wird und sich erhebt [...]" Thadd. A. Rixner, 1830 s. [http://tinyurl.com/b8vs3su]

Kommentar am 22.01.2013
Die Varianten bzw. Verballhornungen des "Urhab" (zu 'heben' wie die 'Hefe'!) hier bei Amand Baumgarten, S. 50: [http://tinyurl.com/a5nota6]
Drei der Varianten - Url, Ura, Urhab - sind auch zu finden bei
Matthias Höfer, "Etym. Wb. der in Oberdeutschland, vorzüglich aber in Oesterreich üblichen Mundart", Linz 1815, Bd 3, S. 262 [http://tinyurl.com/an9pmzw]

Als "Urhab" war das Wort nicht geogr. begrenzt: »Urhab kommt in alten Schriften auch für Sauerteig und für Aufruhr vor, und hat auch häufig die Formen 'Orthab' und 'Orhab'.« Jb. der Berlinischen Ges. f. Dte. Sprache, Bd. 1 (1820) S. 91

Eine besondere Bedeutung hatte "der Urhab" im dt. Rechtswesen: "Wer hat den Urhab?" war die Frage nach dem Urheber, dem Auslöser einer Auseinandersetzung.

Kommentar am 24.01.2013
Du - Koschutnig: Solltest Du nicht statt "Sauerteig" besser "Mutterteig" verwenden, aus dem ja der Sauerteig erst zubereitet wird? lG JoDo

Kommentar am 24.01.2013
Den "Mutterteig" als "Urhab"-Erklärung hab ich (noch) nirgends gefunden, und gebrauch' den Begriff auch selber nicht, er kommt mir wie eine neuere Lehnübersetzung vor - vllt. aus dem Italienischen ("madre di lievito")? Weder Duden Online noch DWDS enthalten ihn (bislang).

Kommentar am 24.01.2013
Ich hab' inzwischen eine weitere Variante des 'Urhab' in Matthias v. Lexers "Kärntischem Wörterbuch" (Leipzig 1862, Spalte 248) gefunden - [http://tinyurl.com/a7rn3v6,]; und zwar eine maskuline aus dem Kärntner Lavanttal:"Urfl, m. = der Sauerteig". Sie wird auch im "Tirolischen Idiotikon" des Johann Baptist Schöpf (1866) zitiert, Schöpf nennt danach auch Mathias Höfers oberösterr. "das url, ura, urhab" = Sauerteig sowie "urhab, urb, urhalm" = Sauerteig aus Joh. Christoph v.. Schmid "Schwäbischem Wörterbuch" (2. Aufl. 1844) und das mhd. "urhap, Sauerteig; Ursprung". [http://tinyurl.com/aevbykk]

Kommentar am 25.01.2013
Das mit der Übersetzung kann schon stimmen Aber nicht nur aus dem Italienischen.
Beispiel:
Starter
Sourdough starter, or mother dough as it is known, is made from wild yeast living invisibly in the air. Each sponge is different, according to the location it is born, the weather, the time of its inception, and the ingredients used to create it. A mother dough can live for generations if properly tended, and will shift and grown and transform with time, ingredients, the habits of the tender. ...
Starter
Der sogenannte Sauerteig-Starter – oder auch Mutterteig – wird aus unsichtbaren Hefebakterien hergestellt, die in der Luft herumschwirren. Jeder Teig ist individuell und unterscheidet sich sowohl durch den Ort und Zeitpunkt seiner Entstehung als auch durch die Zutaten, die bei seiner Herstellung verwendet wurden. Solange man nur sorgsam mit ihm umgeht, kann ein Mutterteig über Generationen existieren und wächst und gedeiht im Lauf der Zeit und verändert sich je nach Zutaten und Lebensgewohnheiten seines Besitzers. Der Boudin-Mutterteig, der als Grundlage für das berühmte San Franciscoer Sauerteigbrot verwendet wird, war bereits fünfzig Jahre alt, als Louise Boudin ihn vor dem schweren Erdbeben im Jahre 1906 gerettet hat, indem sie ihn in einem Holzeimer in den Golden Gate Park trug. Sie legte ihn auf Eis und benutzte ihn tagtäglich als Ausgangsteig für die Brote, bis eine neue Bäckerei an der Stelle aufgebaut werden konnte, wo sie sich heute noch befindet. Der mittlerweile über einhundertfünfzig Jahre alte Mutterteig wird heute in einem Kellerraum gelagert, »fast wie ein wildes Tier«, und dient jeden Tag aufs Neue als Basis für die Herstellung frischer Brote.
Barbara O’Neal
»Das Glücksrezept«
Roman
Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel »How to Bake a Perfect Life« bei Bantam Books, ISBN: 978-0-553-38677-6 (0-553-38677-8)

Kommentar am 03.02.2013
Zum „Mutterteig“ von einem „LPB Sauerteigbäcker“: » Das Rezept stammt aus meinem Dorf in der südlichen Toskana, aber solange ich weiß, es ist in ganzen Italien verbreitet, mit einigen Varianten. Meine Oma Alba hat das Rezept nach "Schnauze" gemacht. Also, sie hat den Mutterteig, wie wir es nennen, am gleichem Tag, an dem sie Brot gebacken hat… ”« . Titel: Italienischer Sauerteig für helles Brot, [http://www.der-sauerteig.com/phpBB2/viewtopic.php?t=3545]

Kommentar am 06.02.2013
Noch einen Begriff zum Thema habe ich gefunden;
Anstellgut
Zitat: "Auch hier wird ein Rest Anstellgut für den nächsten Sauerteig aufgehoben." Wikipedia - Sauerteig
Genau sowas ist doch das Url (?!).

Um neue Kommentare einzufügen oder an einer Diskussion teilzunehmen, einfach auf das Österreichische Volkswörterbuch gehen.

Urhab, Ura. Urb, Urfl, Url






Österreichisches Deutsch definiert die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und des Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich gebräuchlichen bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache kommen aus den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Monarchie entlehnt. Eine erhebliche Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein umfangreicher Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; einige dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe zu verwenden.
Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch verschiedene regionale Dialektformen, hier im Besonderen bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.

Hinweis: Das vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche Österreichische Wörterbuch, derzeit in der 44. Auflage verfügbar, dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951 und wird vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) herausgegeben. Unsere Seiten und alle damit verbundenen Seiten sind mit dem Verlag und dem Buch "Österreichisches Wörterbuch" in keiner Weise verbunden.

Unsere Seite hat auch keine Verbindung zu den Duden-Nachschlagewerken und wird von uns explizit nicht als wissenschaftliches Werk betrachtet, sondern als ein Gemeinschaftsprojekt aller an der österreichichen Sprachvariation interessierten Personen.