Thema: Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie

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Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie
26.10.2011 von Koschutnig

Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie
26.10.2011 von Koschutnig

"Geiz ist geil". Eine gewisse Sprachsparsamkeit hat sich allerorten breit gemacht, lange bevor dieser Werbespruch geprägt wurde. "Mundfaulheit" wird sie genannt: Wörter werden gekürzt, Satzbrocken werden umhergeschleudert, komplette Sätze werden immer seltener, und der Sinn von Sätzen mit mehr als 7 Wörtern wird daher, wie eine Studie zeigt, kaum mehr erfasst - doch Dutzende Emotikons zu erlernen, das bereitet, scheint's, keine Mühe: =) :] :> :c -: (: [: <: c: o: c",) =( :[ :< :/ x( ( :C )-: ): )= ]: >: \: )x )o: D: :'( :'': D: ;] ;o) (-; (; [; (o; :b :p =P dx:Þ :þ xP ;-P P d-: d: q: d= d; c(: ;D =D xD XD D :-0 =O :0

Leute, die man längst schon dem kindlichen Trotzalter wie der jugendlichen Mundfaulheit entwachsen glaubt und die auch keine Berufsjugendlichen sind, bestellen "ein Mineral", verkehren das vermeintlich geschenkte, aber Unheil bringende trojanische Pferd in einen "Trojaner", also ins genaue Gegenteil, da auch im Englischen das wichtige "horse" beim "Trojan horse" verschluckt wurde, und reden nicht nur, sondern schreiben sogar auf Kulturseiten vom "Konse" (= Konservatorium),

und auf jedem der großen Glasfenster des Restaurants in einem neugestalteten Bahnhof liest man in eleganter Schrift "Reste." - Abschreckend, nicht? Welcher Gast will schon die Reste in einem nicht ganz billigen Restaurant?

Und dann ist da, verwirrend wie das Wiener "Kilo", die unselige "Mille":

OLDBOY aus Wien 11 im forum.cinefacts.de:

„in österreich benutzt man mille für million“ 03.08.09 17:58:00, http://tinyurl.com/3b867gs

Die Kleine Zeitung (Graz) titelt am 01.09.2011:
Zehn Mille für den Berg
"Auf dem Hauser Kaibling wird heuer kräftig investiert: Gebaut werden ein Sechser-Sessellift und eine zusätzliche Schneeanlage.
Der Start in die Wintersaison beginnt auf dem Hauser Kaibling mit der Eröffnung einer neuen Sechser-Sesselbahn, außerdem wird eine neue Beschneiungsanlage in Betrieb genommen. Zehn Millionen Euro fließen in die Erweiterungen…

Doch da sind, wie Wikipedia schreibt, deutsche Schreiberlinge offenbar nicht weniger unreif als österreichische:
“Mille (Latein: Tausend) steht für:
• umgangssprachlich Tausend
• umgangssprachlich fälschlich auch Million“ http://de.wikipedia.org/wiki/Mille

So erfährt man beispielsweise von MTV-News: „50s Ex will 50 Mille“.
Schlechte Zeiten für 50 Cent. Erst floppt das G-Unit Album "Terminate On Sight" und verkauft sich in der ersten Woche nur 100.000 Mal und nun verklagt seine Ex Shaniqua Tompkins ihn auch noch auf 50 Millionen Schadensersatz.
http://tinyurl.com/3jelekk

Titelt allerdings DER SPIEGEL in einem Börsenbericht 60 Mille bestens“, dann sind’s bloß ärmliche 60 000. http://tinyurl.com/3ngxqxb

Ein Manga wiederum ( Carlson Comics, „One Piece“ Bd.2,) gibt's von Eiichiro Oda: „Der ist 100 Mille wert!”
http://tinyurl.com/6zmj5x9 broschiert € 5,95, doch wieviel wert ist nun der Ruffy eigentlich wirklich?
Jemand hat sich da Gedanken gemacht, gerechnet und schließlich kommentiert:
"Mille" heißt "Tausend" und nicht "Million". Ruffy ist aber nicht 100.000 Berry wert, sondern 100.000.000 Berry. Es wären also 100.000 Mille. Mittlerweile hat Carlsen Comics den Titel auf "Der ist 1.000 Mille wert" korrigiert. Leider immer noch falsch, denn 1.000 Mille sind nur 1.000.000 Berry.
tinyurl.com/42dh3au

Da wird dann aber von zwei wahren Sprachkönnern 'gepostet':
Der eine:
Die Abkürzung Mille für Millionen ist zwar nicht die bestgewählteste da es zu Verwechslung kommen kann, aber sie wird sogar in deutschen Wörterbüchern so abgekürzt (- was natürlich nicht stimmt; die Abkürzung heißt "Mio.")
und der andere:
* "Mille" steht halt umgangssprachlich für Millionen und ist somit am weitesten verbreitet als die offizielle Version des Duden. Das "Mille" in irgendeinen Landteil Deutschlands, aufgrund von Dialekten und Sprachentwicklung, eine andere Bedeutung haben könnte...kann passieren. Doch muss man alles in der Masse an Menschen sehen...und da zählt nur die Form, die am weitesten verbreitet ist.
http://forum1.onlinewelten.com/showthread.php?t=18...:

Mille grazie fürs Lesen der langen Sätze.

K.

Re: Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie
04.11.2011 von nicolai

...in Anbetracht der Tatsache, daß auch bei uns im schönen Tarockanien derlei vorkommt (siehe "a Kilo" = 100, und nicht, wie man annehmen sollte, 1000 Schilling, bzw. mittlerweile Euro), steht uns eigentlich kein überheblich-höhnisches Grinsen ob der Sprachgewaltigkeit mancher unserer mittler- und bereits seit einiger Weile gesamtdeutschen Nachbarn zu; ich erlaub´ mir aber trotzdem eines, wenn auch nur andeutungsweise...

Weitaus anprangerungswürdiger allerdings erscheint mir ein Ausdruck allertiefsten Piefketums, der sich immer mehr auch in unseren Landen breitzumachen droht : O-Saft statt Orangensaft, wobei nur nicht ganz geklärt erscheint, ob diese wunderbare Wortkreation nun dem Bemühen, jenen unschuldigen Zitrusfrüchten die allen französischstämmigen Wörtern und Ausdrücken von unseren Sprachnachbar(bare)n üblicherweise angetane phonetische Verhunzung zu ersparen, der Vermutung, daß "Apfelsinensaft" gelegentlich zu Verwechslungen mit dem ansonsten völlig anders schmeckenden und aussehenden Apfelsaft führen könnte oder einfach nur der persönlichen Maulfaulheit mancher Personen ihre Entstehung verdankt...

Re: Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie
07.11.2011 von Zuagraste

Weitaus anprangerungswürdiger allerdings erscheint mir der Ausdruck: allertiefstes Piefketum.

Re: Pensi, Reste und Mille - Jargon und Sprachökonomie
08.11.2011 von wuppl

zugegebenermaßen ist mir der O-Saft auch als verwechselbar mit dem Obi geeignet erschienen, wobei derlei teutonismen generell nicht meinen geschmack treffen, ich dem sehr geneigten einwohner nördlich des weißwurschtäquators aber gerne seine sprachlichen eigenheiten zugestehe.

leider tritt diese sprachliche "eigenheit" infolge massiven fernsehkonsums "deutscher" sender massiv zu uns über, weil a) übersetzungen meist in D vorgenommen werden und b) leider auch schrottsendungen à la "schlechte zeiten - ganz schlechte zeiten" angeschaut werden.

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Österreichisches Deutsch definiert die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und ihres Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich benutzten bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

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