Thema: Schundheft

Ostarrichi > Wörterdiskussionen > Unbekannte Woerter

Schundheft
18.11.2009 von Pegasus

Schundheft
18.11.2009 von Pegasus

Aus aktuellem Anlass eine Frage in die Runde:
Wie interpretiert ihr den Begriff "Schundheft" bzw. "Schundheftl"?

lg Pegasus

Re: Schundheft
18.11.2009 von leo029

zu meiner Schulzeit (Anfang 60er) waren das Hefte im Kleinformat, besonders Akim, Sigurd

Re: Schundheft
01.12.2009 von Halawachl

Akim und Sigurd sicher. Prinz Eisenherz gab's auch. Das waren die im Schmalformat. Aber hat man nicht auch die in etwas grösserem Format erschienene Heftl-Literatur wie z.B. Jerry Cotton zu den Schundheftln gerechnet?

Re: Schundheft
04.12.2009 von takacsbecs

Von meinem Vater weiß ich, daß schon Tom Shark in den Zwanzigerjahren als Schundhefte bezeichnet wurden. In den Fünfzigerjahren gab es in der Volksschule eine richtiggehende Kampagne gegen "Schmutz- und Schundliteratur", wobei es niemals eine Definition gab, was das eigentlich ist...

Re: Schundheft
05.12.2009 von Weibi

Die Schundheftln von damals sind die heutigen
"dayly soaps" im Fernsehen. Für jedermann intellektuell leicht zugängliche (und erstehbare, da billiges Papier verwendet wurde, 2-kolumnig geschrieben, nicht gebunden sondern geheftet) Lektüre mit den üblichen Zutaten, die da wären: "a little crime, a little sex", oder auf Deutsch "Herz, Schmerz, Mord und Totschlag".

Typische Titel waren sowas wie: "Der Wilderer von Hochjoch", "Die Geierwalli" - wurde auch verfilmt, "Der Förster von Ebensee", "Gräfin Dorothee und ihr Gärtner" etc. (vergleiche: Lady Chatterley und ihr Liebhaber von D.H. Lawrence! Dieses Werk erreichte allerdings Berühmt-/Berüchtigkeit).
Charakteristisch war (ist) auch, dass die Autoren völlig unbekannt und nur im Schundheftlkreis bekannt waren (im Gegensatz zu Lawrence).

Sehr oft ging es um "verbotene" Liebesbeziehungen zwischen Adeligen und deren Hausangestellten oder sonstigen Mägden (die waren oft so, aber so arm, aber natürlich soooo guten Herzens und schön, im Gegensatz zu der zwar schönen, aber soooo kalten und egozentrischen Dame des Hauses).
Vergleiche z.B. mit den Heimatfilmschnulzen von diesem Tiroler Ex-Schifahrer, wie hiess er nochmal?

Hm, man könnte eine ganze Abhandlung schreiben.
Nun, auf alle Fälle seht ihr, dass ich grosse Erfahrung habe. Ich habe in meiner Kindheit alles gelesen (verboten oder nicht), was mir in die Finger kam (oft unter der Decke). Bei meiner Oma lagen solche Schundheftln immer rum.

lG, Weibi

P.S.: Eigentlich müsste man noch dazu sagen, wie solche "Schund"lektüre die Weltanschaung vieler Frauen (hauptsächlicher Leserkreis) geprägt hat. Es soll welche geben, die mit 50 noch auf den "blauen Prinzen" warten. Von daher gesehen - ja, Schund!
Aber das ist ein anderes Kapitel.

Re: Schundheft
05.12.2009 von Koschutnig

Hallo, Weibi,

wie schön, dass du dich an all diese Titel noch so gut erinnern kannst. Ich hab ja auch schon diese kitschigen Varianten zu den bisher genannten "männlichen" Produkten dazu erwähnen wollen.

32 Seiten hatten die Standard-"Groschenromane", ob's nun Julia, Bianca, Chefarzt Dr. Holm, Silberwald oder Silber-Krimi, Grusel-Krimi, John Sinclair, Rolf Torring oder Perry Rhodan war, und 64 Seiten die "Extras". Mit den 96-Seiten-Produkten waren die Konsumenten wohl etwas überfordert, die waren daher recht rar. Allerdings gab's dann für die Unersättlichen die Sammelbände: 3 oder gar 5 "Romane" in 1 Band. Für viele hatte der Begriff "Roman" ja gar keine andere Bedeutung.

Um der "Roman"-Sucht entgegenzuwirken, brachte der Buchklub der Jugend eine ganz gleich reißerisch aufgemachte 32-Seiten-Heft-Serie "Das große Abenteuer" heraus. Solche Hefte werden nun folgerichtig bei eBay ebenfalls unter die "Schundhefte" eingeordnet - s. z.B. Friedrich Gerstäcker http://tinyurl.com/y964nda.

Die Heftromane haben aber eine recht lange Geschichte - schon vor dem 1. Weltkrieg erzeugten z.B. "Die Luftpiraten" heiße, rote Ohren. So ein Heft kriegt man heut um € 75 - 90!
Und vorher gab's im 19. Jh. die Lieferungsromane der Kolportage, unendlich lang zwar, aber wöchentlich in verdaubaren Portionen geliefert. Auch der gute Karl May verdiente sich ja damit lange seine Brötchen ("Waldröschen oder die Rächerjagd rund um die Erde. Von Capitain Don Ramon Diaz de Escosura", "Der Weg zum Glück", "Der verlorene Sohn", "Deutsche Herzen - Deutsche Helden", "Die Liebe des Ulanen" - jeweils so um die 1500 Seiten!). Mitunter allerdings brachten die Lieferungsromane auch Hochklassiges: Charles Dickens etwa wusste oft nicht, wie's bis zur nächsten Lieferung weitergehen, oder gar, wie's schließlich ausgehen würde - doch gut wurde es.

Literarischen Schund hat's natürlich lange vorher auch schon gegeben - und er war stets endlos lang. Weibi, du hast ja ganz richtig auf die TV-Soap-opera-Parallele hingewiesen.
Goethes Schwager Vulpius hat mit seinem "Rinaldo Rinaldini"-Räuberschinken angeblich mehr verdient als der gute Goethe mit allem, was er geschrieben hat. Cervantes hat mit seinem "Don Quixote" die heißgeliebten "Amadis"-Romane verspottet, die im Prinzip die gleichen eskapistischen Themen zum Inhalt hatten, die du bei den für weibliche Leserschaft bestimmten Schundheften beschreibst. Und sogar die griechische Spätantike hatte schon ihre Seeräuber-Schund-Romanzen mit geraubten Jungfrauen und heldenhaften Rettern. Schablonen, Stereotypen, möglichst viel Handlung, nie genug Reize, Vorhersehbarkeit, Identifiziermöglichkeit für den Leser/die Leserin - alles, was trivial und anspruchslos ist, das fällt eben unter "Schund". "Schmutz" muss nicht sein, sonst gäb's ja nicht die Wendung "Schmutz u n d Schund"; da war in den Heften ja auch sehr wenig an Erotik. Die "Landser"-Hefte etwa waren auch ohne Sex schmutzig genug.

In Österreich war nach dem 2. Weltkrieg Morawa (der sich mittlerweile respektierlich gemausert hat) der Hauptvertreiber aller Arten der zumeist aus Deutschland stammenden Heftchen. Rastatt, glaub ich mich zu erinnern, war der mir am häufigsten untergekommene Verlagsort. Aber auch die Österreicher waren ganz schön aktiv: Ein Manfred Pilz hat einen Österreichischen Romanhefte-Katalog verfasst, der immerhin 160 Seiten dick ist (Verlag Heinz Pollischansky, Dreyhausenstr. 20, A-1140 Wien) .
Das deutsche Gegenstück - das übrigens auch aus Österreich kommt - ist allerdings über 500 Seiten stark:
Der deutsche Heftroman : ein Handbuch der zwischen 1900 und 1945 im Deutschen Reich erschienenen Romanhefte / von Peter Wanjek bei Ganzbiller, Wilfersdorf 1994. Ca. 430 Serien werden da aufgelistet mit tausenden Titeln und Nummern - bedrückend, nicht? - Wenn ich dran denk, wieviel mir da NICHT unter die Finger gekommen ist...

LG
K

Re: Schundheft
21.01.2010 von System1

Zumindest in meinen Umfeld wird eine Sexzeitschrift (Praline,ÖKM,Core usw....) als Schundheft bezeichnet.

Re: Schundheft
04.03.2010 von Lilo1213

meiner Logik nach würde ich es so herleiten:
Schund - Kratzer - schinden (abnützen, zerkratzen)
Schund - billiges, nicht lange haltbares Produkt

Hefte, die beim Lesen sehr schnell ("zerkratzt", zerrissen, gebraucht) kaputt gehen, da sie im Gegensatz zu einem Buch nicht gebunden sind - minderwertiges Material.


Schundblatt'l = Schundheft
die Schuh abschinden / abgschundene Schuh - zerkratzte Schuhe
schind's di ab / das ganze leben lang abgeschunden - das ganze Leben lang schwer gearbeitet (den Körper verbraucht)
aufg'schundenes Knie - das Knie auf'kratzt - Hautabschürfung am Knie
hast da des Auto abgeschunden - hast du dein Auto zerkratzt

Re: Schundheft
08.03.2010 von Castor

Die schmalen Heftchen wie "Sigurd" und der Tarzan-Ersatz "Akim" wurden recht allgemein zu den "Schundheftln" gerechnet und auch einige vergleichbare Publikationen in größerem Format. Auf welche Werke sich diese abwertende Klassifizierung noch erstreckte, hing aber vom Einzelnen bzw. vom Milieu ab. "Der Landser", z. B. wurde von vielen dazugezählt, von anderen aber nicht. Auch Romanhefte wurden von denen, die sie ablehnten, dazugezählt, Liebesromane, Fürstenromane, Arztromane, Kriminalromane, SF-Romane ...

Auch Micky Maus, das später zur Weltliteratur gezählt wurde, und Ähnliches wurde von machen Leuten als "Schundheftl" bezeichnet. Es war also sehr relativ. Oftmals versuchte auch ein Herr Papa Geld zu sparen, indem er, worum ihn sein Sohn anbettelte, als "Schundheftl" abqualifizierte.

Re: Schundheft
01.11.2012 von System1

Das Schundhefterl ist abwertend. Es handelt sich um Roman-Hefte, wo nach Meinung von Erwachsenen nichts kluges für Kinder drinnen steht.

Re: Schundheft
06.12.2013 von takacsbecs

""Auch Micky Maus, das später zur Weltliteratur gezählt wurde, und Ähnliches wurde von machen Leuten als "Schundheftl" bezeichnet. Es war also sehr relativ. Oftmals versuchte auch ein Herr Papa Geld zu sparen, indem er, worum ihn sein Sohn anbettelte, als "Schundheftl" abqualifizierte.""

Daß die Werke aus der Disneyschmiede heute zur Weltliteratur zählen ist der Beweis für den Niedergang des Abendlandes

at leo029
02.10.2014 von Cubitus

Dieses Hefterlformat nannte man im Übrigen "Piccolo" :-)

at Halawach
02.10.2014 von Cubitus

Von Sigurd wurden gar einige Hefte indiziert!

Sie stand auf der Liste der jugendgefährdeten Schriften in D !

Schundheft
23.05.2016 von Standard

Das Nomen "Schundheft" (n) für einen Trivialromen in Heftform ist gmd. (Duden)
Also hier löschen.

Gemeindeutsch: der Groschenroman
Standard in at und de: das Groschenheft

(VWB)

Einloggen








Österreichisches Deutsch definiert die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und des Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich gebräuchlichen bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache kommen aus den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Habsburgermonarchie entlehnt. Eine erhebliche Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein großer Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; einige dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.
Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch verschiedene regionale Dialektformen, hier insbesondere bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark verwendet, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.

Hinweis: Das vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche Österreichische Wörterbuch, derzeit in der 44. Auflage verfügbar, dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951 und wird vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) herausgegeben. Unsere Seiten und alle damit verbundenen Seiten sind mit dem Verlag und dem Buch "Österreichisches Wörterbuch" in keiner Weise verbunden.

Unsere Seite hat auch keine Verbindung zu den Duden-Nachschlagewerken und wird von uns explizit nicht als wissenschaftliches Werk betrachtet, sondern als ein Gemeinschaftsprojekt aller an der österreichichen Sprachvariation interessierten Personen.