Thema: Wirklich völlig gleiche Grammatik?

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Wirklich völlig gleiche Grammatik?
06.03.2008 von Brezi

Wirklich völlig gleiche Grammatik?
06.03.2008 von Brezi

Es gilt gemeinhin als nie völlig lösbares Problem, zu entscheiden, ob ein bestimmtes Idiom ein Dialekt einer bestimmten Sprache oder eine eigenständige Sprache ist. Weitgehende Übereinstimmung in Formenlehre und Syntax sind, wie Weibi ganz richtig erkannt hat, aber ein gutes Indiz.

Bei den österreichischen Dialekten, -egal ob bairisch oder allemannisch - von völlig gleicher Grammatik zu reden, halte ich aber für - wenn auch nur leicht - übertrieben. Anders als etwa in den Dialekten Englands (die sich so gut wie nur durch klangliche Unterschiede, dort "accents" genannt, unterscheiden, gibt es bei uns da und dort schon auch "echte" Grammatikunterschiede). Als Beispiel für einen Unterschied in der Formenlehre möge herhalten:

ihr habt - es hobts

Als Beispiel für einen Unterschied in der Syntax möge herhalten:

Em Loisl sei Bruada. Hochdeutsch hieße das: Losls Bruder. Nicht besonders ähnlich, oder?

Auch im Alemannischen gibt es signifikante Syntaxunterschiede zum Hochdeutschen, etwa

üses möntschliche Läbe - (das s hängt am Possessivpronomen) : unser menschliches Leben (das s hängt am Adjektiv).

Eigentlich wollte ich das an Weibis Anmerkung zu Josefs Beitrag anhängen, in dem sie sich Gedanken zu diesem Thema macht. Weil ich mich verdrückt habe, wurde ein eigenständiger Beitrag daraus. Lassen wir es halt so.

Brezi

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Re: Wirklich völlig gleiche Grammatik?
26.07.2008 von System1

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Es gilt gemeinhin als nie völlig lösbares Problem, zu entscheiden, ob ein bestimmtes Idiom ein Dialekt einer bestimmten Sprache oder eine eigenständige Sprache ist.


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Doch, in jeder Sprachfamilie unterscheidet man standardisierte und nicht standardisierte Sprachvarietäten (Dialekte).

Standardisiert heisst: Die Sprachvarietät wird auf NATIONALER Ebene verwendet, und bestimmte Begriffe müssen in offiziellen Dokumenten (Gesetzen, etc) sowie in den Schulen benützt werden. Es wird vorausgesetzt, dass die standardisierten Begriffe in Wörterbüchern festgeschrieben sind und die nationalen Medien sie ebenfalls verwenden.

In der deutschen Sprachfamilie existieren 3 Standarddeutsch: at, ch, de, daneben die nicht standardisierten nieder- und hochdeutschen Mundarten; zu den hochdeutschen Dialekten gehören die alemannischen und die bairischen.

(Variantenwörterbuch des Deutschen)

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Re: Wirklich völlig gleiche Grammatik?
10.12.2012 von Koschutnig

Anders als etwa in den Dialekten Englands (die sich so gut wie nur durch klangliche Unterschiede, dort "accents" genannt, unterscheiden, gibt es bei uns da und dort schon auch "echte" Grammatikunterschiede).
Als Beispiel für einen Unterschied in der Syntax möge herhalten:

Em Loisl sei Bruada. Hochdeutsch hieße das: Losls Bruder. Nicht besonders ähnlich, oder?

Das Beispiel entspricht allerdings völlig dem dt. ugs. Gebrauch, den "Zwiebelfisch" mit dem fast schon berühmt gewordenen Buchtitel "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" parodiert.

Und da England angesprochen wird - da ist etwas aus der englischen Wikipedia, das so manchen Leser wahrscheinlich verblüffen wird:

Using the "his genitive"

In the 1600s this construction sometimes occurred in English, e.g. Ben Jonson's play Sejanus His Fall (i.e. "Sejanus's Fall"). It is common in spoken German, e.g. dem Mann sein Haus "the man's house" (literally "to the man, his house"). [...]
as in colloquial Norwegian Hilde sitt hus "Hilde's house"

K.


Zu Ben Jonsons Tragödie mit ihrem Titel in "österreichischer " Grammatik: Hier ist die Titelseite des Originals von 1603:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/c/c9/Seja...

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Österreichisches Deutsch bezeichnet die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und des Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich genutzten bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache entstammen den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Habsburgermonarchie entlehnt. Eine erhebliche Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein erheblicher Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; manche dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.
Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch zahlreiche regionale Dialektformen, hier im Besonderen bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.

Hinweis: Das vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche Österreichische Wörterbuch, derzeit in der 44. Auflage verfügbar, dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951 und wird vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) herausgegeben. Unsere Seiten und alle damit verbundenen Seiten sind mit dem Verlag und dem Buch "Österreichisches Wörterbuch" in keiner Weise verbunden.

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