Thema: Polster mal eine Anregung

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Polster mal eine Anregung
30.05.2007 von Meli

Zum Polster
31.05.2007 von Russi-4

Ich will mich hier ja nicht als unösterreichischer Österreicher deklarieren aber für mich wäre die Mehrzahl auch Polster. Wenn ich ohne zu denken spreche (was nicht heissen soll, dass Dialekt nichts mit denken zu tun hat), sage ich "Kaunst bitte de Polster übaziagn". Würdest du hier wirklich "Pölster" sagen?

So, und dann schaue ich nach im Österreichischen Wörterbuch und es sind tatsächlich "Pölster" (mit "Polster" in Klammern - also zumindest geduldet). Dann spreche ich wohl doch einen veralteten Dialekt für meine jungen Jahre

Gruss Russi

?
31.05.2007 von Brezi

Veraltet? Mein ich nicht! Manche sagen bei uns ja auch "schmaler", manche "schmäler". Meine Mutter hat "Pölster" gesagt, ich sage "Polster" und bin seit meiner Geburt 24 Jahre jünger als sie.

Die Idee, unterschiedliche Mehrzahlen als eigenes Stichwort zu listen, ist im Prinzip keine schlechte, ebenso Wörter mit Artikel, der vom bundes-, schweizer- oder gemeindeutschen Gebrauch abweicht (siehe mein Beitrag "Blei, der!", für den sich noch kaum jemand interessiert hat. Das ist natürlich kein analoges Beispiel, denn "das Blei" heißt ganz etwas anderes als "der Blei" und das was bei uns "der Blei" ist, heißt hochdeutsch auch "der Bleistift". Aber sicher legitim. auch abweichende Flexionsformen mit hereinzunehmen. Dazu gehörte auch dt. RISIKEN = öst. RISKEN. Oder Wortteile wie dt. ADVENTS- = öst. ADVENT. Ebenso Präpositionalkonstruktionen wie: "an Weihnachten" - "zu Weihnachten; "an Nummer 2 gesetzt" - "auf nummer 2 gesetzt", "in Urlaub fahren" - "auf Urlaub fahren; "auf Arbeit" - "in der Arbeit".

Es gäbe da viel zu tun. Dammajeijeijippijippijee.

31.05.2007 von bessawissa

Weihnachten? Was soll das sein? Ein Unwort. Weihnachtszeit paßt, aber Weihnachten ist schriftsprachlich gar nix. Wie kommt eine geweihte Nacht zu einem -en hinten?

Weihnachten?
31.05.2007 von JoDo

Wieder ein neues Rätsel von bessawissa!

Erster Lösungsvorschlag:
Das ist sowas wie: Übernachten, Urlauben, Jausnen, ein hauptwörtlich gebrauchtes Zeitwort!

31.05.2007 von Brezi

Wenn unsere ultranordischen Verwandten nicht "jul" zu deinem "Unwort" sagten, würde ich sagen, das "-en" ist der bestimmte Artikel "also die Weihnacht". Aber wenn mir beim Benutzen der Sprache Logik eingemahnt wird, werde ich (Rätsel oder nicht) zornig, denn wenn in einer Fisolensuppe Fisolen drinnen sind, was ist dann in einer Bauernsuppe? Und warum heißt es zwar "trotz des Bildungsnotstandes", aber "trotzdem"? . Lebende Sprache soll nicht ganz ohne Wächter eines mindeststandards ausufern. Aber eine Sprache zu begradigen halte ich für so geistesgestört wie wenn jemand einen historischen Stadtkern schleifen und durch ein Straßenraster ersetzen ließe, damit man sich besser auskennt. Vielleicht bekam da ich etwas in die falsche Kehle.

Ich werde diesee Rätsel (falls es überhaupt eins war) demnach par distance und sans commentaire verfolgen.

31.05.2007 von bessawissa

Wenn unsere ultranordischen Verwandten nicht "jul" zu deinem "Unwort" sagten, würde ich sagen, das "-en" ist der bestimmte Artikel "also die Weihnacht".

Zur gelegentlichen Erinnerung: im Norwegischen gibt es einen nachgestellten ans Wort angehängten Artikel. Im Falle männlich/Einzahl: -en, dann also DER Weihnacht, wenn ich pingelig wäre, aber das bin ich ja bekanntlich nicht. Außerdem ist die Geschlechterverteilung in den verschiedenen Sprachen ohnedies eine Sache für sich. Warum sagen die Franzosen "der Sonne" und "die Mond"?

Gut, auch "Jul" mag eine Anpassung erfahren haben, aber es ist doch mehr auf die Wintersonnenwende gemünzt als auf die Geburt des Erfinders des globalen Marketings.

"Weihnachten" habe ich nicht im Sinne eines Rätsels erwähnt, sondern als Kuriosum. Nicht mit Ostern zu vergleichen. Und die hauptwörtlich gebrauchten Zeitworte lassen sich alle mit Artikel versehen: Das Jausnen, das Übernachten, wenn's auch nicht schön ist. Das funzt bei Weihnachten nicht, zumal ja "weihnachten" auch kein Zeitwort ist. Zur gefälligen Kenntnisnahme, lieber Breznsoiza: mich stört das Wort umgangssprachlich nicht, und ich verwende es selbst so, aber schriftsprachlich ist es ein Unding.

31.05.2007 von Brezi

In dem von dir gemeinten Sinn habe ich die skandinavische Deutung auch gemeint: sol / sonne, solen / die Sonne (funzt auf Norwegisch, Schwedisch und Dänisch so, mit variierender aussprache) und da du ja für die Weihnacht ein Einzahlwort gefordert hast, habe ich gedacht, so könnte es fast passen: "venatt/venatten". Das Wort gibt es natürlich nicht, aber so habe ich es für dich postuliert, damit das -en für eine Weihnacht sinnvoll steht. Meine Kenntnisse in nordischer Grammatik sind im übrigen zwar wirklich miserabel, aber für österreichische Begriffe immerhin so überdurchschnittlich entwickelt, dass mich deine Nachhilfelektion fast (aber nur fast) gekränkt hat. Wäre ich ein Ikea-Elch, hätte ich jetzt gesagt: jag fällade tårar om det!

Mich stört der Plural eigentlich nicht, weil es ja auch für uns arbeitende Bevölkerung in der Regel eine ganze Reihe festlicher und freier Tage sind. Es heißt ja auch "die Feiertage" und fast immer sind damit Weihnachten und Neujahr gemeint.

Und letztlich haben wir uns von der Thematik unseres (Melis und meines) Vorschlages schon beträchtlich entfernt. Einige unserer Foren so betrachtend, wünsche ich mir nächtens insgeheim schon manchmal eine leichte Form der Supervision dafür.

Liebe Grüße! BreSo

31.05.2007 von bessawissa

Gut, dann eben Plural. Aber der Plural von "Weihnacht" kann nicht "Weihnachten", sondern allenfalls "Weihnächte" lauten, wie es ja auch in der nordischen Mythologie die zwölf Rauhnächte, sechs vor und sechs nach dem großen Spalt in der Zeit, insgesamt vom 24. 12. bis zum 6. 1. (zu den christlichen "vier Heiligen Drei Königen") . Und "Feiertage" gibt es zuhauf, zu Ostern und zu Pfingsten zum Beispiel, das ist kein Spezifikum des Jahreswechsels.

Aber wir streiten um des Kaisers Bart, denke ich. Mein Anliegen war, "Weihnachten" als umgangssprachlich zu erkennen und schriftsprachlich als nicht korrekt einzustufen.

31.05.2007 von Brezi

Ich habe kein Gegenbeispiel gefunden, muss ich zugeben, aber ich kann mir fast nicht vorstellen, dass es in der gesamten deutschen Schriftsprache nicht noch einen unregelmäßigen Plural gibt, der gleichsam als erstarrte Mutation den Status der Legitimität erhalten hat (vgl. 'zu Handen') . Da wir in Österreich aber ohnehin auch Einstufungsfreiheit haben und ich den Ernst der Diskussion unterschätzt habe (andernfalls wäre mein Scherz, das -en als importierten Singular zu deuten, auf weniger Schroffheit gestoßen), folge ich meinem selbst erstellten Postulat und hebe mir alle allenfalls noch eintrudelnden Assoziationen zu diesem Seitenthema für mich auf und übe mich zur Abwechslung einmal in meiner eigenen Sensibilität. Privatim.

Brezi

Weihnacht(en)
01.06.2007 von JoDo

Also das mit dem hauptwörtlich gebrauchten Zeitwort von mir war als Blödelei gedacht, um den einen oder anderen hinter dem Ofen hervorzulocken, aber, wie so oft, haben sich die beiden Altmeister des Scharfsinns der Sache angenommen und siehe da: Auch ein unbedeutendes Bonmot wächst in den richtigen Händen zu einem beachtlichen Gebilde heran.
Das hat mich als Kind gestört, diese Endung bei den Festen, das ist ja nicht nur bei dem einen Fest so, sondern fast überall drinnen: Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Allerheiligen. Später stumpft man dann ab und nimmt die Dinge halt so, wie sie sind. Einen Erklärungsversuch habe ich - wie so oft - in der Wikipedia gefunden:Etymologisch wird auch eine Herkunft aus dem Mittelhochdeutschen ze wihen nahten („in den heiligen Nächten“) gesehen, was auf die schon zur germanischen Zeit gefeierten Mittwinternächte (Wintersonnenwende) hinweist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten#Wortentst...

Gelobt sei dein Humor!
01.06.2007 von Brezi

JoDo, deinen Humor bewundere ich. Wenn ich an der ganzen Mailkette etwas als wirklich scharfsinnig bezeichnen würde, dann dein Bonmot. Das restliche Hickhack fand ich (meine Beisteuerungen eingeschlossen) nicht so erbaulich, zumal es in dieser Forumskolumne (man erinnere sich) eigentlich um Pölster oder Polster ging (da fällt mir ein: ist die Mehrzahl von Toni eigentlch auch Töni?) und sich dann ein arglos eingebrachter Seitengedanke zum Hauptthema aufspielte. Ich hatte hier vor wenigen Minuten noch einige bissige Bemerkungen stehen, will aber nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen.

Bewahre dir deinen Humor, JoDo! Wir werden ihn brauchen können!
Und danke für die erlösende etymologische Klärung des Rätsels. Ich dachte schon, ich käme aus einer Familie von lauter Barbaren, denn bei uns hat man Weihnachten nie anders genannt als "Weihnachten". Weihnacht und Weihnachtszeit kannte ich nur aus Gedichtbänden und Volksliedern. Jetzt ist es amtlich und ich bin erleichtert, dass alles "historisch Gewachsen" ist und keine wilde Mutation irgendwelcher Sprach-Unsensiberl.

Herzlichst Brezi

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Österreichisches Deutsch bezeichnet die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und des Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich verwendeten bairischen und alemannischen Dialekte.
Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache kommen aus den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Habsburgermonarchie entlehnt. Eine erhebliche Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein wichtiger Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; einige dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.
Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch verschiedene regionale Dialektformen, hier im Besonderen bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.

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