Was kann "sich ausgehen" alles bedeuten? Wie kann man es verwenden?
27.06.2016 von IhakaIch habe schon viel in Foren gestöbert zum Verb "sich ausgehen". Es wird im Zusammenhang mit räumlichen und zeitlichen Dimensionen verwendet. Allerdings auch mit Mengen und (Geld-)beträgen.
Es hat nun auch die Bedeutung als Modalverb (kann man argumentieren):
(1) a. Peter kann hier parken.
b. Es geht sich aus, dass Peter hier parkt.
(2) Wir haben 30 Steaks. Es geht sich aus, dass alle was zu Essen bekommen.
(3) Der Zug fährt in 30 Minuten. Das geht sich aus. Den erreichen wir.
ABER – kann man 'sich ausgehen' auch verwenden in den folgenden Sätzen:
(4) Es geht sich aus, dass in meinem Garten Olivenbäume wachsen.
(5) Ich werde den Nachbarn fragen, ob es sich ausgeht, dass ich mein Auto heute bei ihn parke.
(6) Geht es sich aus, dass ich meine Sachen bei dir lasse, bis ich mit meinem Termin fertig bin?
(7) Vielleicht geht es sich aus, dass ich die Stelle bekommen, für die ich mich beworben habe.
(8) Wenn es sich ausgeht, machen wir ein Feuerwerk bei der Eröffnungsfeier.
Ich bitte alle um rege Diskussion! Wie versteht ihr diese Sätze? Sind diese Sätze überhaupt zulässig? Gebt ruhig auch Bewertungen ab zu den einzelnen Sätzen (0 – gar nicht gut/sprachlich falsch // 10 – gut/sprachlich richtig)
Vielen, vielen Dank!!
Hallo Ihaka,
29.06.2016 von Koschutnig
damit deine Frage nicht gänzlich ohne Reaktion bleibt: Hast du den Wort-Eintrag ausgehen - es geht sich aus schon angeschaut? Eigentlich sollte das, was du dort findest, deine Frage beantworten.
Deine Sätze 4-8 sind keine Sätze, wo man im Normalfall an den Gebrauch von sich ausgehen denken würde, wenn nicht im Einzelfall besondere, hier jedoch nicht genannte Umstände im Spiel sind, denn beim sich-ausgehen/nicht ausgehen besteht immer eine gute Portion Zweifel, ob mit dem Vorhandenen bzw. zur Verfügung Stehenden das Auslangen gefunden wird, ob die Menge an Zeit, Geld, Nahrung, Wissen oder eine sonstige Menge für den Zweck (aus)reicht.
Bei Satz 4 müsste es also um die Menge an für Oliven erforderlicher Sonnenwärme oder um den vorhandenen Platz im Hinblick auf die Breite der Bäume gehen,
bei 5 um die Zeitspanne, bis der Nachbar den Parkplatz wieder selbst benötigt,
bei 6 um den benötigten Raum bzw. das vorhandene Platzangebot in der Wohnung des Freundes oder z. B. um die Zeit bis zu dessen beabsichtigtem Urlaubsantritt oder sonstigem Abreisetermin,
bei 7 beispielsweise um das mögliche Erreichen der qualifizierenden Punktezahl eines Tests
bei 8 um die verfügbare freie Zeit der Beteiligten oder um die Menge der dafür benötigten Geldmittel.
Der Unterschied zwischen einfachem es kann sein, es ist möglich und es geht sich aus besteht also darin, das bei Letzterem bestimmte Bedingungen an Vorhandenem erfüllt sein müssen, damit etwas möglich ist.
Ich hoff, ich hab's halbwegs verständlich hingekriegt!
LG - K.
Ein paar Infos dazu.
Beim Atlas der Alltagssprache gibt es eine Karte zur Verbreitung dieser Bedeutung:
https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f3a/?child...
Sie ist in Österreich (incl. Südtirol) "üblich", in der Südhälfte Bayerns gibt es einen Übergang von "üblich" zu "unüblich", im Rest des deutschsprachigen Raums ist sie "unüblich".
Vor einiger Zeit ist ein Artikel in einer Zeitschrift erschienen (englischsprachig, 50 Seiten, in einer kanadischen Zeitschrift):
Gergel, R., & Kopf-Giammanco, M. (2021).
‘Sich ausgehen’: On modalizing go constructions in Austrian German.
Canadian Journal of Linguistics/Revue Canadienne De Linguistique, 66(2), 141-190.
https://doi.org/10.1017/cnj.2021.10
Das und Kommentare zum Zeitschriftenartikel findet man hier in einem Internet-Forum (Leo):
https://dict.leo.org/forum/viewWrongentry.php?idTh...
Falls der Link zu kompliziert ist und deshalb die Weiterleitung nicht funktioniert, hier der Link als Text:
https://dict.leo.org/forum/viewWrongentry.php?idThread=1440786&idForum=3&lp=ende&lang=de#followup=15
Diese Bedeutung von "sich ausgehen" findet man in ANNO (Zeitungen und Zeitschriften bei der Österreichischen Nationalbibliothek) ab den 1890er-Jahren und in Google Books (Büchern) ab den 1970er-Jahren.